Mittwoch, 29. September 2010

sonntag

ich kann derzeit keine fotos hochladen, also muss text alleine reichen...

Sonntag. Da wachte ich schon schlecht gelaunt auf. Keine Ahnung warum, aber irgendwie änderten auch drei Esslöffel Nutella nichts daran.
Ich fuhr ins Centre Pompidou, was ein äußerst bekanntes Museum ist, eins der Wahrzeichen Paris und Frankreichs.
Also, ich glaube ich bin kein so großer Fan der Kunst des 20-Jahrhunderts. Ich glaube, ich bin ein Kind des 19. Ich lief herum, eher ausversehen geriet ich in die Ausstellung, die das Thema Frauen in der Kunst hat. Nicht Frauen, die gemalt oder dargestellt werden ( knapp 80% aller nackten Menschen in der Kunst sind Frauen, wobei nur 3% der Künstler, die ausgestellt werden, Frauen sind) sondern Künstlerinnen. Also viel gefiel mir nicht. Das meiste war aus den 70 und 60 Jahren. Und es gab sehr viele nackte Frauen zu sehen. Ich verstehe nicht, was mich als Frau, in einer Welt in der sich sowieso alles um den weiblichen Körper dreht, dazu treiben könnte, mich nackt dabei filmen zu lassen, wie ich mich und einen toten Vogel mit roter Flüßigkeit übergieße. Natürlich hat jede Handlung dabei Symbolcharakter und es geht um Befreiung und so. Gut, es waren die 70. Aber eine Kunst, die ihren Wert nur durch ihren Entstehungszeitpunkt hat, ist schwer zugänglich für mich, als 23jährige des 21 Jh. Außerdem mochte ich es nicht, Miro zum Beispiel ist ein Held für mich. Und er hat bunte Mobilées gemacht!
Natürlich gab es auch Sachen, die meiner harten Kritik standhielten. Die zeitlos sind, weil sie intuitiv zugänglich sind und etwas erzählen, das losgelöst von Ort und Zeit einen eigenen Zauber entwickeln kann. Zum Beispiel war da ein Film (ich stellte fest, alles was wie Kino ist, zieht mich magisch an; die Wände, mit schwarzen Samt bezogen, die weichen Sessel...) der zeigte eine Frau, die spielte Cello hoch in den Bergen, an einem Abhang. Und natürlich erzeugte sie ein Echo dabei. Es war, als ob die Berge lebendig geworden wären und den Klang, weil sie es nicht bessern wissen, imitieren, weil er ihnen so gut gefällt. Ich stellte mir vor, wie glücklich die Berge sein müssen, dass endlich jemand die ewige Stille bricht und einen Weg findet, mit ihnen zu kommunizieren. Wortlos aber voller Inhalt. Ich bin halt ein Träumer und ein Poet, Kunst soll mich inspirieren. Fünf Bilder von kleinen, blauen Quadraten lösen dies nicht aus.
Manchmal waren die Kommentare der Künstler zu ihren Werken „kunstvoller“, weil poetischer, als ihre Werke selber. Eine Künstlerin beschrieb ihre Leidenschaft zu Dingen, die Linien erzeugen können. Mit ihren Worten vermochte sie auszudrücken, was mit ihren Werk (ein Faden an den andere Fäden hingen) nicht transportiert wurde. Ihre ganz spezielle Leidenschaft für gerade Linien, die für sie etwas Faszinierendes hatten. Das hat was kindlich-anrührendes.
Und als ich so durch die Gegend schlenderte, und all diese Worte las, da fragte ich mich, wo meine Poesie hin verschwunden ist. Ist sie mit den Tabletten geheilt worden? Wurde ich kuriert von den Worten, die in anderen etwas auszulösen vermochten? Ein Künstler beim Psychiater, der ist nicht lange Künstler.
Das Pompidou selber hatte dann oft auch mehr meine Aufmerksamkeit. Ich war im vierten Stockwerk und das Gebäude ist wirklich großartig gestaltet. Denn die Ausstellungsräume, mit ihren hohen, weißen Wände, ließen einen schmalen Gang zwischen diesen Wänden und den Fenstern, der Glasmauer des Gebäude. Himmel, kann man das noch komplizierte ausdrücken. Auf alle Fälle hat man einen beeindrucken Ausblick auf Paris. Man kann bis nach Montmartre schauen. Und da sind diese sonderbaren Figuren draußen auf dem Dach und hinter ihnen öffnet sich der Blick über Paris Dächer.
Ich schlenderte also so durch das Jahrhundert. Ließ mich treiben, entdeckte Interessantes, ließ mich davon führen. Denn wenn ich ins Museum gehe, dann will ich nicht belehrt werden, nicht unbedingt, denn das vergeße ich eh wieder. Ich will vielmehr aufgeweckt werden, möchte aus meinem Alltag entführt werden. Manchmal geht das nur mit mehr Informationen, okay, aber manchmal gibt es Skulpturen, die sind sonderbar, kurios, sie stellen mir bekannte Objekte in einen neuen Zusammenhang. Und da wird meine Welt erweitert und es ist wie einen guten Film gesehen zu haben, denn die kennzeichnen sich eben dadurch: mein inneres Auge erkennt einen neuen Horizont. Wie nach einer engen Talfahrt, öffnen sich die Berge und verschwunden sind die Mauern.


Danach bin ich wieder ins Kino gegangen. Ich hab nämlich eine Kinokette entdeckt, wo man als unter 26-Jährige nur 3,9 zahlen muss. Natürlich zeigen sie nicht alle extravaganten Filme, aber gut. Heute war es „Notre jour viendra“ und es war nach Toy Story 3 (Mittwoch mit Gabriel, ich kann den Film nur empfehlen!) der zweite Film von fünf, der wirklich mal auf französisch war. Der Film hat eher schlechte Kritiken bekommen, wurde aber viel besprochen in der Presse, denn der Regisseur Roman Gavras hat auch das umstrittene Video zu dem umstrittenen Song von Justice „Stress“ gedreht. Das hat mich natürlich neugierig gemacht, zudem mein absoluter Lieblingsschauspieler mitspielt: Vincent Cassel. Ich liebe ihn und irgendwann werden wir heiraten und sehr viele Kinder bekommen. Der Film ist äußerst brutal, provokativ und grenzwertig, aber Vincent spielt hervorragend. Intensiv, authentisch und einer beeindruckenden Wandlungsfähigkeit. Mit viel Humor und noch mehr Wahnsinn. Denn darum geht es letztendlich: der totale psychische Absturz zweier Menschen, die abgeschlossen haben mit unserer Gesellschaft. Dabei geht der Regisseur über das Ballerniveau der meisten anderen Outsider Filme. Er hat mehr Wahnsinn als Fight Club und geht weiter in seiner Zerstörung. Denn die beiden Individuen verlieren den Kontakt zur Realität und sind im Inneren zerstört, sie scheinen nicht mehr wie Menschen, sondern wie Überreste einer Psychose.
Trotz der Brutalität und fehlenden Moral, den schockierenden Momenten, in denen das ganze Publikum angeekelt aufstöhnte, bin ich begeistert. Denn diese Brutalität ist weit entfernt von der Gewalt eines gewöhnlichen Hollywood-Action-Kampf-Film. Wie Matrix. Vincent Cassel erschafft eine reale Brutalität, die einen Angst macht, sie ist zum greifen nah.

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